Die Volksschulen der Stadt Zürich werden per Beschluss des Stadtrats ab 2023 zu Tagesschulen umstrukturiert. Dadurch nimmt sich die Stadt gesellschaftspolitisch aktuellen Themen an – aber beantwortet sie mit einem neoliberalen trojanischen Pferd. Mit dem Modell «Tagesschule 2025» ist es neoliberalen Strateg:innen einmal mehr gelungen progressive Forderungen – wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Verbesserung der Chancengerechtigkeit – für den faktischen Sozialabbau zu instrumentalisieren. Denn allem voran soll es um die Wirtschaftlichkeit gehen. Und das bedeutet letztlich Sozialabbau. Dieses klar deklarierte Ziel zeigt sich auch aktuell: Während für alle Betreuenden und Lehrpersonen in den Schulen klar ist, dass es mehr Personal bräuchte, ruft der Stadtrat jetzt einen Stellenabbau bei den Horten aus.
Die Ressourcenkürzung in den Regelhorten um 3,4% per Januar 2022 sind der erste Schritt Richtung Stellenabbau bei den Tagesschulen!
Soziale Arbeit sollte historisch die sozialen, materiellen und kulturellen Schäden, die eine kapitalistische Wirtschaftsordnung systematisch hervorruft, mildern. Sie sollte also gegen die zerstörerischen Kräfte des Marktes wirken. Was seit Jahren aber passiert ist das Gegenteil: Die Ungleichheit in der Gesellschaft wird grösser und der Sozialstaat wird abgebaut. Das gelingt, weil mit der neosozialen Ökonomisierung der Sozialen Arbeit ein ökonomischer Effizienzbegriff Einzug findet. Und dieser übersetzt sich als «Kostendämpfung» in qualitativen und quantitativen Einbussen. Diesen Sozialabbau spüren wir auch heute ganz konkret: Mitten in einer Pandemie, die für Kinder in den Horten und Schulen eine enorme Belastung darstellt, soll ausgerechnet in den Horten abgebaut werden?!
Dieser Stellenabbau zeigt deutlich, welche fatalen Folgen die Ökonomisierung der Sozialen Arbeit – wie sie eben auch im Diskurs um das Modell «Tagesschule 2025» prägend sind – für die Betreuung in den Horten hat. Die Sparpolitik kürzt auf unterschiedliche Weisen die erforderlichen materiellen und fachlichen Arbeitsbedingungen. Die Soziale Arbeit ist damit zunehmend von prekären Arbeitsbedingungen betroffen, was eine Personal-Kontinuität verhindert und einer Deprofessionalisierung Vorschub leistet. Es fehlt an Personal sowie an Zeit für die eigentliche sozialpädagogische Arbeit. Und Fachlichkeit wird mit Standardisierung ersetzt, was in Folge auch möglich macht, entsprechende Aufgaben an nicht fachlich ausgebildeten Kräfte abzugeben. Statt einer Professionalisierung aller Betreuenden und einer Anerkennung der Betreuungsarbeit wird eine Deprofessionalisierung der Sozialen Arbeit vorangetrieben und die ganze Betreuungsarbeit abgewertet. Schon heute wissen alle in den Horten Tätigen, dass das Qualitätseinbussen für die Kinder mit sich bringen wird.
In der Deprofessionalisierung der Horte zeigt sich der Kern des aktuellen neosozialen Umbaus des Sozialstaates. Die Verknappung von Arbeitsressourcen – sei dies in Form von Zeit, Personal, etc. – zielt direkt auf die Entledigung dessen ab, was eigentlich Soziale Arbeit sein soll. Und in den Horten zeigt sich auch, wie dieser strategische Angriff auf die Soziale Arbeit diskursiv aufgegleist wird – mit der Instrumentalisierung vermeintlich progressiver Ideen unter der Prämisse der Wirtschaftlichkeit.
Deshalb müssen wir jede Reform – wie progressiv sie auch daherkommt – ablehnen, wenn sie mit Kosteneinsparungen verknüpft wird. Es ist dies der Dreh- und Angelpunkt zur Verteidigung der Sozialen Arbeit. Und jeden Stellenabbau müssen wir konsequent als Sozialabbau deklarieren.
Nein zur Personalkürzung im Regelhort!
Keine Tagesschulen ohne räumliche, finanzielle und personale Ressourcenaufstockung!
Nein zum Modell «Tagesschule 2025»!