Überbelegung als Standard – so arbeitet keine Fachorganisation (AOZ)

Der Winter ist da. In diesen kalten Tagen haben viele Menschen das Bedürfnis nach einem warmen und gemütlichen Zuhause. Den Wunsch nach einem Ort, an dem wir uns sicher fühlen, wo wir mit Freund:innen und Familie zusammen kommen, uns aber auch in Ruhe zurückziehen können. Der Stellenwert der eigenen vier Wände ist durch die Verunsicherungen in Zeiten der Pandemie noch weiter gestiegen.

Doch für viele Geflüchtete in der Stadt Zürich ist selbstbestimmtes Wohnen keine Realität. Sie werden gemäss dem Unterbringungskonzept der AOZ einer Wohnung/Unterkunft zugeteilt. Dort haben die meisten Geflüchteten nach den Vorgaben der Stadt und ihrer „Fachorganisation“ AOZ weder ein eigenes Zimmer, geschweige denn eine eigene Wohnung. Von einer Überbelegung wird in der Schweizer Rechtsprechung normalerweise ausgegangen, wenn eine Wohnung mit zwei oder mehr Personen belegt ist als sie Zimmer hat. Dies ist bei der AOZ in den Belegungsgrundsätzen die Regel. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Geflüchteten ihre Mitbewohner:innen vor dem Einzug selten kennen. Da die Geflüchteten auf dem privaten Wohnungsmarkt in der Stadt Zürich kaum Chancen haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden, müssen sie häufig jahrelang in den beengten AOZ Unterkünften wohnen.

Wie lässt es sich legitimieren, dass sich zwei fremde Erwachsene auf 11 Quadratmetern ein Zimmer teilen? Wie kann von Geflüchteten erwartet werden, dass sie sich möglichst schnell integrieren, wenn ihnen ihr Zuhause weder Raum zum Ausruhen noch zum Lernen bietet? Wie sollen sie sich in diesen beengten Verhältnissen auf einen anspruchsvollen Deutschkurs oder auf ein Bewerbungsgespräch vorbereiten? Wie sollen sie sich von der Arbeit erholen? Wie soll Sexualität gelebt werden, wenn Geflüchtete kein eigenes Zimmer haben und es Gästen verboten ist, in den AOZ Wohnungen zu übernachten?

Die AOZ rühmt sich oft damit, eine Fachorganisation zu sein. Dieses Selbstverständnis lenkt davon ab, dass bei der Unterbringung vieles falsch läuft. Eine Fachorganisation müsste sich mit den reichlich vorhandenen fachlichen Argumenten um jedes Zimmer wehren, dass Geflüchteten mehr Raum für Privatsphäre ermöglicht. Die Verantwortung wird mit dem Hinweis auf Sachzwänge und Vorgaben gemütlich nach oben oder nach unten abgeschoben. Sozialarbeitende der AOZ können zwar nicht frei entscheiden, wie die Wohnsituation ihrer Klient:innen aussieht, jedoch ist es zwingend notwendig, dass sie sich gegenüber ihrer Organisation für eine Verbesserung einsetzen. Fachliche Argumente und die Orientierung an den Bedürfnissen der Geflüchteten sind nicht vereinbar mit der aktuellen Wohnpolitik der AOZ. Hier wäre insbesondere auch die Stadt Zürich als Eigentümerin der AOZ gefordert. Sie müsste die Leistungsstandards in der Unterbringung der Geflüchteten anpassen und die Rahmenbedingungen für deren Umsetzung schaffen.