Die IG Sozialhilfe hat am 9. Dezember 2011 eine gut besuchte Veranstaltung organisiert. Thematisiert wurde dabei die Soziale Arbeit im Kontext mit der Forderung nach einklagbaren sozialen Rechten. Welche Rolle spielen dabei die Menschenrechte einerseits und die was hat die Soziale Arbeit damit zu tun? Wird diese dem Anspruch der Menschenrechtsprofession gerecht oder widmet sie sich ganz und gar dem Sozialmanagement?
Das Forum für kritische soziale Arbeit hatte in diesem Rahmen ganz kurz die Gelegenheit, eigene Positionen darzulegen. Im Folgenden der vorbereitete Redebeitrag:
„Wo steht heute die Soziale Arbeit? Sie steht in einem äusserst widersprüchlichen Verhältnis, welches überhaupt den Boden für die Organisierung im Forum für kritische soziale Arbeit schuf. Auf der einen Seite muss die Soziale Arbeit dem eigenen hohen Anspruch genügen, welcher Berufsethik und die Menschenrechte vorgeben. Bei beidem handelt es sich jedoch um ein idealistisches Konstrukt, welches in der Praxis häufig wenig mit der konkreten materiellen Situation gemein hat. Wenn etwa die Menschenrechte das Recht auf Arbeit propagieren, so steht dieses Recht in keinem Verhältnis zu den aktuellen Kündigungswellen in der Schweiz. Nichts desto trotz geben die Menschenrechte einen Anhaltspunkt, in welche Richtung die Forderungen von Klientel und Berufstätiger Sozialer Arbeit gehen können. Es ist also die konkrete Praxis welche aufzeigt, was die Menschenrechte letztlich wert sind und was nicht. Ganz im Sinne der Praxis einer Politik von unten.
Wir denken, dass die konkrete Umsetzung und Ausgestaltung der sozialen Arbeit eine Frage der politischen und sozialen Stärkeverhältnisse darstellt. In der wirtschaftlichen Krise wird die soziale Arbeit immer stärker werdenden Ökonomisierungen unterworfen. Wir sind aktuell mit einem gewaltigen Umbau des Sozialstaates einerseits – und einer Vereinzelung am Arbeitsplatz oder in der Sozialhilfe anderseits konfrontiert. Zweifelsohne, wir befinden uns in einer politischen Defensive. Das Beispiel von Deutschland zeigt, in welche falsche Richtung uns die Ökonomisierung treiben kann.
Will sich die soziale Arbeit von ihren stärker werdenden repressiven Tendenzen befreien, will sie gemeinsam mit der Klientel einen Raum des Respektes erkämpfen, dann muss sie darauf hinarbeiten, diese Vereinzelung zu durchbrechen. Beispiele für die Erkämpfung des Respektes und die Durchbrechung der Vereinzelung gibt es aktuell auch in der Schweiz. So war es das Spitalpersonal in Genf, welches im Streik die Solidarität wiederentdeckte. Beispiele „ethischer Proteste“ zeigen sich in der Sozialen Arbeit auch in Deutschland.
Wir müssen uns der unterschiedlichen Interessen aber durchaus auch bewusst sein. Im Sinne des „doppelten Mandates“ sollen die Sozialarbeitenden zwar loyal zum Klientel und auch zum Staat sein – der kleine Unterschied besteht aber darin, dass von beiden Bezügen nur der Staat den Lohn zahlen, und die Loyalität auch finanziell entschädigen kann.
Die gemeinsamen Interessen von Sozialarbeitenden und dessen Klientel aber sind real – dies ist der Grund, weshalb wir den Kontakt mit der IG-Sozialhilfe aufnehmen und in der Aufhebung der Vereinzelung versuchen wollen, die gemeinsamen Interessen anzugehen.“
Forum f. kritische Soziale Arbeit // Dezember 2011