Sicherheit im territorialen Raum: die Gemeinwesenarbeit und das Ordnen sozialer Ungleichheit

22.5.2012: Sicherheit im territorialen Raum:
die Gemeinwesenarbeit und das Ordnen sozialer Ungleichheit

Vortrag: Marc Diebäcker der KriSo Wien

Dienstag, 22. Mai 2012 // 19 Uhr // Uni ZH, Hauptgebäude, Karl-Schmidstr. 4, Stock/Raum K02 F174

In vielen europäischen Großstädten erfuhr das Feld der Sicherheits- und Ordnungspolitiken im letzten Jahrzehnt eine enorme Aufwertung und strukturiert zunehmend Aufträge und Aufgaben von sozialen Interventionen. Insbesondere aufsuchende Soziale Arbeit im öffentlichem Raum und die Gemeinwesenarbeit in problematisierten Stadtteilen scheinen sich aufgrund stärker kontrollierenden und regulierenden, politischen Zielvorstellungen maßgeblich in ihren fachlichen Prinzipien und methodischen Zugängen zu verändern. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Rolle Projekte der Gemeinwesenarbeit in einem neuen urbanen Sicherheits- und Kontrollregime spielen und wie sie in dieses eingebunden sind.

Aus einer gesellschaftskritischen Perspektive wird zunächst kurz skizziert, warum sich die Debatte um „Sicherheit und Ordnung“ vor dem Hintergrund einer postfordistischen bzw. neoliberalen Transformationsphase zu einem „attraktiven“ Politikfeld entwickeln konnte. Anhand des US-amerikanischen Broken-Windows-Modell wird dann herausgearbeitet, wie ein repressiv-ausschließendes Argumentationsmuster gegenüber marginalisierten Personengruppen zur Verfügung gestellt wird und über die Strategie des community policing auch für die Regulierung von problematisierten Gebieten und deren Bevölkerung genutzt werden kann. Anhand von Beispielen wird dann konkret erörtert, wie politisch-mediale Diskurse um Sicherheit und Ordnung sowie vielfältige territoriale Interventionsweisen zusammenspielen und wie gemeinwesenorientierte Ansätze Sozialer Arbeit in diese eingebunden sind.

Dieser strategischen Einbettung kann sich GWA derzeit anscheinend nur schwer entziehen, da die Begriffe Raum, Gemeinschaft und Partizipation wesentliche Schnittmengen bilden und im Fachdiskurs überwiegend positiv konnotiert sind. Das Appellieren an sozialen Zusammenhalt und Partizipation im Stadtteil scheint heutzutage weniger einer Strategie der gesellschaftlichen Ermächtigung zu entsprechen, sondern stellt sich in einer neoliberalen Transformationsphase in Bezug auf die unerwünschten Anderen im Stadtteil wohlmöglich als stabilisierender Ausschließungsmodus dar. In der anschließenden Diskussion geht es u.a. darum,  Widersprüchlichkeiten, Ambivalenzen und Alternativen einer gesellschaftkritischen Gemeinwesenarbeit zu entwickeln.

Marc Diebäcker ist Politikwissenschaftler; lehrt und forscht an der Fachhochschule FH Campus Wien/Studiengang Soziale Arbeit; Mitbegründer des Vereins Kritische Soziale Arbeit (KriSo) www.kriso.at; Mitglied im wissenschaftichen Beirat der Österreichischen Armutskonferenz; Standortredakteur des Online-Journals „soziales kapital“.

Online verfügbar: Bakic, Josef/Diebäcker, Marc/Hammer/Elisabeth (Hg.) (2008): Aktuelle Leitbegriffe der Sozialen Arbeit. Ein kritisches Handbuch. Wien: http://tiny.cc/leitbegriffe
Kurswechsel 3/2009: http://tiny.cc/kurswechsel

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